Wissenswertes - 2015
- Alle Jahre wieder diese Böllerei. Was tun?
- Ist es immer eine Rettung, wenn wir Hunde aus dem Ausland zu uns holen?
- Ausstellungshunde sind zu dick!
- Leichte Hunde leben länger
- Was tun bei Tierquälerei bzw. Giftködern?
- Was sind Stereotypien?
- Wölfe und Hunde sind kaum aggressiv
- Die Silvesterknallerei steht bevor und damit die bange Frage: Wie wird mein Hund das überstehen? Hier stelle ich Ihnen ein paar einfache Kniffe vor, mit denen Sie das schlimmste lindern können:
Schirmen Sie die Räume, in denen sich Ihr Hund bzw. Ihre Haustiere aufhalten, so gut es geht ab. D.h. machen Sie Rollläden, Jalousien, Plissées, Vorhänge etc. zu.
Denken Sie daran: Egal, was hier oder anderswo an Tipps gegeben werden: wenn Sie merken, dass Ihr Tier davon nervöser, statt ruhiger wird, passt der Tipp nicht für Ihr Tier. Probieren Sie dann etwas anderes.
Lassen Sie entspannende Musik auf Zimmerlautstärke laufen, z.B. Klassik, Pop, Rock. Das dämpft die Geräusche von außen ein wenig und gibt den Tieren etwas, worauf Sie sich konzentrieren können. Tipp: 3-sat sendet den ganzen Abend gute Live-Konzerte, die sicher auch Sie gerne hören.
Viele Hunde reagieren gut auf Festhalten. Dabei sollten Sie möglichst viel Körperoberfläche des Hundes berühren. Auch wenn sich Ihr Hund zunächst ein wenig sträubt, hat dies oft einen guten Effekt. Das darf jedoch keinesfalls in Festhalten - Rauswinden - Weglaufen - Hinterher laufen - Fangen - Festhalten etc. ausarten. Das wäre traumatisch für den Hund. Alternativ können Sie Ihrem Hund ein T-Shirt anziehen und eng um Brustkorb und Rücken knoten. Der Effekt des "sicheren Griffs" ist ähnlich.
Sie dürfen Ihren Hund beruhigen, aber nicht bemitleiden. Sprechen Sie in ruhigem Tonfall und leiser Stimme mit dem Hund, erzählen Sie ihm, dass bald alles vorbei ist, was Sie nachher essen oder was Sie morgen tun werden. Egal, Hauptsache der Tonfall ist ruhig und Sie strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Streicheln Sie Ihren Liebling dabei langsam und gleichmäßig an Stellen, die er für gewöhnlich genießt oder berühren Sie ihn einfach. Das gibt Sicherheit und verstärkt die Angst NICHT! Vermeiden Sie jedoch Mitleid, hektisches schnelles Streicheln und eine hohe Stimmlage. Dies wird den Hund alarmieren und signalisiert, dass auch Sie in Aufregung sind. Dies gilt es unter allen Umständen zu vermeiden.
Setzen Sie Beschwichtigungssignale ein während Ihr Hund im Raum ist (Gähnen, demonstratives Blinzeln, Lippen befeuchten etc.). Dies hilft i.d.R. nur gut bei leichter Angst.
Besonders kleine Hunde kann man gut in Decken, weiche Taschen u.ä. einkuscheln. Der Effekt ist ähnlich wie beim Festhalten. Dazu dämpft die Decke, Tasche etc. auch noch etwas Geräusche und schirmt plötzliche Blitze, Leuchten usw. ab.
Wenn alle Stricke reißen, packen Sie Ihren Hund ins Auto und fahren während der schlimmsten Knallerei die Autobahn auf und ab. Zum Einen wird in Autobahnnähe weniger geschossen und geknallt und zum Anderen schirmt das Auto einen gehörigen Teil der Geräusche ab und produziert dabei selbst nicht unerheblich "Gegengeräusche".
Holen Sie sich ggf. vorab beim Tierarzt pflanzliche Mittel (bitte keine Psychopharmaka!). Beachten Sie jedoch, das der Beginn der Einnahme stets mehrere Tage vor Silvester erfolgen muss. Ansonsten sind die Mittel wirkungslos bzw. wirken dann am 2. Januar.
Wenn Silvester für Sie und Ihren Hund trotz der Tipps Stress pur bleibt, sollten Sie für's kommende Jahr darüber nachdenken, an einen einsamen Ort zu fahren.
Einen guten und stressarmen Rutsch in ein gesundes Jahr 2016 wünscht Ihnen Ihre Dr. Katharina Graunke! - Ich bekomme immer wieder Anrufe von Leuten, die Straßenhunde aufgenommen haben. Viele dieser Hunde haben enorme Angstproblematiken und oft kein lebenswertes Leben - trotz gefülltem Napf und einem warmen Platz. Nicht alle Hundehalter sind bereit und haben die Mittel, Möglichkeiten und Geduld, an den Problemen ihrer Straßenhunde zu arbeiten. Manchmal ist das auch schlicht nicht möglich. Z.B. wenn ein geräuschempfindlicher Hund, der mit Panikattacken auf jedes Auto reagiert, in dicht besiedeltes Gebiet vermittelt wird. Das Leid tragen die Hunde.
Viele Organisationen scheinen den Leuten das Blaue vom Himmel runterzulügen, auch was das Alter angeht. Da werden dann Hunde mit grauem Schleier auf den Augen, gesetztem Verhalten und Schwerhörigkeit als 4 Jahre verkauft. Ein solcher Hund ist mir schon mit junghundreinen Zähnen begegnet, sodass sich mir der Verdacht aufdrängt, dass u.U. einigen das Gebiss gereinigt wird (das Gebiss ist das sicherste Zeichen für die äußerliche Altersbestimmung). Um Missverständnissen vorzubeugen: Gebissreinigung ist auch bei Straßenhunden etwas wunderbares und gesundheitsförderndes! Wenn es aber mit dem Vorgaugeln von Jugendlichkeit einhergeht und der Hund womöglich am Ende in D im Tierheim landet, weil er nicht das gewünschte Alter hat oder eben doch nicht so pflegeleicht wie erwartet ist, ist am allerwenigsten dem Hund geholfen.
Der nicht ganz neue aber trotzdem hochaktuelle Artikel greift viele Problematiken mit Straßenhunden auf und gibt ein paar interessante und v.a. praktikable Lösungsansätze, die auch den Hunden nützen.
P.S.: In Deutschlands Tierheimen sitzen genügend heimische Hunde. Viele davon sind so pflegeleicht wie Hunde vom Züchter. Die mit größeren Problemen sind aber doch meist an unser hiesiges Leben, die Bevölkerungs- und Hundedichte gewöhnt und haben mit dem richtigen Training die Chance, ein lebenswertes Hundeleben mit uns zu führen. Und nicht selten machen die "Problemhunde" mit professionellem Training so ungeahnte Entwicklungssprünge, dass es eine pure Freude ist, ihnen dabei zuzusehen!
Und wieso lernen die Angsthunde aus dem Ausland nicht einfach alles hier kennen? - Bei Welpen bis ca. 16 Wochen ist das kein Problem, bei jungen Hunden kann das i.d.R. mit der richtigen Herangehensweise und entsprechend viel (!) Geduld nachgeholt werden. Je älter der Hund und v.a. je weniger Neues der Hund in der prägenten Phase kennengelernt hat, desto schwieriger ist das Unterfangen Angstbekämpfung. Je nach Alter, Vorerfahrung und ererbtem Temperament der Hunde braucht man die Geduld und das Verständnis das Hundeleben lang, da die Hunde häufig ihr Leben lang ängstlich oder schreckhaft gegenüber Neuem bleiben. (Dieses Prinzip gilt selbstverständlich für alle Hunde.) - Ausstellungshunde werden als "Idealvertreter" ihrer Rasse gesehen und maßenhaft fotografiert. Sie sind oftmals übergewichtig - und gewinnen trotzdem! Das hat ein neuer Artikel bestätigt. Von den Show-Labradoren und Basset Hounds auf der Crufts (UK-Hundeshow) waren etwa 2/3 übergewichtig. Möpse waren zu 80 % übergewichtig (4 von 5 Hunden zu dick!). Nicht viel besser mit etwa 1/3 bis 1/4 übergewichtiger Hunde steht es um Beagle, Cairn Terrier, Bullmastiffs, Chihuahuas, Dackel, Flat-coated Retriever, Golden Retriever, Irische Wolfshunde, Rottweiler und Welsh Corgis. Von den untersuchten 24 Rassen hatten nur 6 Rassen weniger als 10 % übergewichtige Hunde in ihren Reihen. Diese Zahlen sind so unfassbar, dass ich hinter jeden Satz ein Ausrufezeichen machen möchte. Das sagt nicht nur einiges über Kampfrichter bei Hundeshows aus, die IMMER auch den Gesundheitszustand der Hunde zu bewerten haben, sondern es spiegelt ein falsches Bild vom "Idealhund" wider. Und hier wird es gesundheitsschädigend für unsere Vierbeiner. Wenn nämlich dicke Hunde als erstrebenswert gelten... Naja, das ist eigentlich selbsterklärend, oder?
Was tun? - Fragen Sie Ihren Tierarzt oder Hundetrainer nach einer gewichtsmäßigen Einschätzung Ihres Hundes. Bedenken Sie, dass bei einem 5 kg-Hund 500 g schon 10 % des Körpergewichts sind (entsprechend 8 kg bei einem 80 kg schweren Menschen). Ein Muskelpaket darf mehr wiegen als ein vergleichbar großer Hund mit weniger Muskeln. Verwechseln Sie aber "kräftig" nicht mit dick. Die Kraft muss schon in den Beinen sitzen und nicht auf der Taille oder am Brustkorb. Labradore dürfen und sollten genauso Taille haben wie Rhodesian Ridgebacks und auch Möpse sollten (bei sonstiger Gesundheit) einen mehrstündigen Spaziergang locker durchhalten können.
Lesen Sie den vollständigen, frei zugänglichen wissenschaftlichen Artikel hier selbst. - Nichts neues, dass kleine Hunde länger leben. Interessant ist aber, dass bei gleich großen/hohen Hunden, die leichteren Rassen länger leben. Das wiederum ist neu. 169 Rassen mit insgesamt 15.881 Hunden wurden in der Studie untersucht. Eine Liste mit den Durchschnittsaltern der unterschiedlichen Rassen gibt's hier nebst kurzer Zusammenfassung. Wer die Originalveröffentlichung lesen möchte, kann diese per Mail bei mir kostenlos anfordern.
- Leider treibt weiterhin ein Tierquäler sein Unwesen in Hadern. Dort wurden in den letzten 3 Wochen 9 Hunde vergiftet (bis heute, 19.09.2015), einer starb. Leider wurden nur 2 Fälle zur Anzeige gebracht, sodass es derzeit für die Polizei keine Veranlassung gibt, dies verstärkt zu verfolgen und zumindest größere Polizeipräsenz in die Gegend zu schicken. Die Prorität, mit der die Polizei Straftaten behandelt, wird v.a. durch das zu erwartende Strafmaß bestimmt.
Tierschutzgesetz (TierSchG)
Ein Tier zu vergiften, verstößt gegen § 1 TierSchG. Laut § 17 muss ein derartiges Vergehen mind. mit Geldstrafe, wohl eher jedoch mit Freiheitsstrafe bestraft werden. Je mehr Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, desto höher ist das Strafmaß und desto höher liegt bei der Polizei die Prorität.
§ 1 [...] Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
§ 17 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
2. einem Wirbeltier
a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
Daher: Bitte bringen Sie unbedingt JEDEN Fall zur Anzeige, auch wenn bereits einige Zeit vergangen ist. Der Tierarzt schreibt Ihnen einen kurzen Bericht und erbringt den Beweis, dass und um welches Gift oder welche Form der Verletzung es sich handelt. Nur durch die Anzeigen erfährt die Polizei bzw. das Landeskriminalamt, um wieviele Fälle es sich wirklich handelt und kann entsprechende Konsequenzen in der Priorisierung ziehen.
Ich erwarte nicht, dass der Tierquäler gefasst wird. Erhöhte Polizeipräsenz kann jedoch soweit beeindrucken, dass der Täter davon ablässt und keine weiteren Hunde zuschaden kommen.
Denken Sie daran: die Köder liegen einfach herum. Kinder können mit diesen ebenso in Kontakt kommen und sich verletzen oder vergiften wie Hunde. - Stereotypien - also zwanghaft wiederholte, scheinbar nutzlose Verhaltensweisen - gibt es auch bei Hunden, z. B. Schattenstarren, Spielzeug nuckeln, exzessives Lecken und Knabbern etc. Wie gehe ich als Trainer damit um? Derzeit gibt es null-komma-nix dazu. Klar kann man versuchen (meist mit mäßigem Erfolg), solche Verhaltensweisen zu unterbinden bzw. abzutrainieren, aber die Ursache habe ich deshalb noch lange nicht behoben. Das macht mal wieder deutlich:
Wir wissen viel zu wenig über unsere Hunde. Darüber, warum sie so und nicht anders reagieren, weshalb sie Krankheiten entwickeln, wie sie mit Stress umgehen etc. Immer wieder taucht das MDR1-Gen als potentieller Verdächtiger auf. Wie trägt die Zucht dazu bei? Wie kann man gegensteuern? Was brauchen gefährdete Hunde, um keine Stereotypie zu entwickeln?
Denn Stereotypien sind immer Ausdruck eines Mangels. Mangel an Möglichkeit sich natürlich und adäquat zu verhalten, Mangel an Nährstoffen, Mangel an hormoneller Balance etc. Genau weiß man es eben nicht.
Hier gibt es eine gute Zusammenfassung und interessante Gedanken zum Thema Verhaltens- und Hormonprobleme am Beispiel Britischer Hütehunde. - Wölfe und Hunde zeigen extrem wenig aggressive Verhaltensweisen in einer Futterkonkurrenz-Situation. Die meiste Aggression äußerte sich durch Drohungen (Haare aufstellen, Starren, Knurren, etc.). Nur 5 % der gezeigten Aggression beinhaltete Körperkontakt (Umstoßen, Runterdrücken, Kämpfen, etc.).
Wölfe wären toleranter als Hunde, schließen die Forscher des Wolf Science Centres aus ihrer Studie. Meiner Meinung nach lassen die Daten diese Aussage allerdings nicht zu. Zu wenige Tiere, zu unterschiedliches Testalter, Geschlechterverhältnis nicht ausgeglichen, ungleiche Haltungsbedingungen, Rudelverhältnis nicht ausgeglichen etc.
Die Originalveröffentlichung ist frei für alle zugänglich.