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Semmi schläft
Was zuletzt geschah

23.07.2016 - Grenz­über­schreitung die Zweite.

29.06.2016 - Von "bösen" Kötern und Grenz­über­schreitung.

16.05.2016 - Keine Zeit zu kacken.

23.04.2016 - Ich trau mich...zu schwimmen!

15.03.2016 - Gruppen­kuscheln mit der Semmel­nase.

27.02.2016 - Socken machen Semmis schläfrig.

Pizza­ränder und Ober­stüb­chen

Semmi träumt. Er träumt viel und er träumt drama­tisch. Oft regt er sich dabei sehr auf und wir blicken mit Sorge auf ihn. Vorsichtig angesprochen und berührt haben wir ihn nur einmal, als es ganz schlimm wurde. Wir glauben, es ist wichtg für Semmi zu träumen und seine Erleb­nisse zu verarbeiten. Ob er eine Post­trauma­tische Belastungs­störung, kurz PTBS, hat? Das vermuten wir, aber ausführ­lich darüber schreiben werde ich ein andermal. Fest steht: es geht was vor in Semmis Ober­stübchen. Bewusst ist das natürlich nicht. Viele Menschen und auch immer noch viel zu viele Wissen­schaftler denken, Tiere wären roboter­artige Kreaturen, getrieben von ihrer DNS. Raum für bewusste Entschei­dungen bei Tieren gäbe es nicht und die Erziehung/Programmierung gliche einer recht simplen Rechnung. Weit gefehlt. Erstens ignorieren diese Leute Erkennt­nisse über die Ent­schei­dungs­findung bei Menschen. In Kern­spin­tomo­graphen kann man bereits 7 Sekunden vor der Entscheidung erkennen, wie sich der Probant entscheiden wird. Die Erklärung dazu, denkt er sich danach aus (Der unbewusste Wille). Von wegen bewusst! Zu welcher Gurke Sie im Super­markt greifen, entscheidet Ihr Unter­bewusstsein. Die Begründung (sofern Sie eine brauchen) denken Sie sich danach aus. Roboter-Theoretikern bzw. Verfechtern von "die einfachste Erklärung zuerst" werfe ich also entgegen: "Ja, da haben Sie recht! Seien Sie aber bitte gerecht und wenden Sie Ihre Theorien auch auf Menschen an, die jüngsten Erkennt­nisse geben Ihnen da sogar recht." Das hätten Sie nicht gedacht, oder?! Die Antworten und Gegen­argumente fallen übrigens auch bei gestandenen Professoren eher dürftig aus. Sie beginnen meist mit "Ja, aber" oder "Das können Sie doch nicht vergleichen, die Menschen erzählen doch warum...". Wie gesagt, die Begründung denken Sie sich eh nach der Ent­scheidungs­findung aus. Und warum nicht vergleichen? Weil es nicht in den Kram passt?

Gibt es also gar nichts Bewusstes? Doch, natürlich. Wir denken ja auch viel nach. Die Erklärung für eine Ent­scheidung würde ich schon dem Bewusst­sein zuschreiben, auch wenn die Ent­scheidung selbst im Unter­bewusstsein gefällt wird. Und ihre Erklärung können Sie mir erzählen. Ist bei Tieren also Leer­lauf in der Ober­stube, z. B. wenn sie rumliegen, eine Entscheidung fällen, die Gegend im Auge behalten, genüsslich an einem Knochen nagen etc.? Ich behaupte nein. Jedenfalls nicht mehr als bei Ihnen oder mir. Zu gern würde ich wissen, was bei unseren Hunden im Ober­stüb­chen so vor sich geht. Wenn sie Zeitung lesen (also schnüffeln), rumliegen, uns zum Streicheln/Spielen/Fressen geben auffordern usw. Und ich würde viel geben, wenn ich wüsste, was in folgender Situation durch Nicos Kopf ging. Dazu muss kurz ausholen, aber bleiben Sie dran.

Schonmal vom Esel und den zwei Heu­haufen gehört (eine Theorie wohl­gemerkt)? Laut Roboter-Theoretikern entscheidet sich der Esel immer für den größeren Haufen. Sind beide gleich groß und gleich weit entfernt, hat der Esel ein Problem. Oder so ähnlich. Beim Fressen würde bei Tieren nämlich prinzipiell stets das trieb­gesteuerte Unter­bewusst­sein regieren. Bewusste Entscheidung? Keinesfalls. Was soll ich sagen?
Nico, zwar Hund und kein Esel, bekam von uns einmal einen Pizza­rand zu fressen - dieser heikle Hund sollte ein paar Gramm mehr auf die Rippen bekommen. Er fraß den Pizza­rand aber nicht, sondern vergrub ihn unter seinen Decken im Küchen­körb­chen, das etwa 2 m von seinem Fress­napf entfernt stand. So weit so alltäglich. Ein paar Tage später gab's mal wieder Fressen; dazwischen natürlich auch, nur passierte nichts Unge­wöhnliches: Nico erbarmte sich ein paar Brocken zu fressen, den Rest dann irgend­wann nachts oder gar nicht. Nico An diesem Tag also stand Nico vor seinem frisch gefüllten Napf und betrachtete ihn. Er schien konzentriert und man sah es rattern in seinem Kopf, Stichwort Denker­falten. Nico blickte zu seinem Körb­chen und wieder auf den Napf. Ein paar Sekunden später ging er zu seinem Körb­chen - mein Mut sank, Nico würde schon wieder nicht oder nur mit viel zureden fressen. Aber nein, er grub seinen Pizza­rand von vor ein paar Tagen aus, fraß ihn auf, ging dann zum Napf und fraß diesen komplett leer. Was ging da in diesem Kopf vor? Weder ging er zuerst zum größeren näheren Haufen, noch fraß er den Pizza­rand sofort auf. Das Ganze war weder trieb­gesteuert noch ein genetisch vorpro­grammierter Weg. Die Roboter-Theoretiker, denen ich diese Situation schilderte, hatten nie eine Erklärung dafür und schienen nachdenklich. Ich weiß nicht, was Nico sich dachte. Ich weiß aber, dass er sich was dachte. Und ich weiß, dass ich viel dafür geben würde, einmal zu wissen, was da im Ober­stüb­chen vor sich geht. Und das ist doch wenigstens etwas, das ich weiß...

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