Gruppenkuscheln mit der Semmelnase
Bis jetzt waren 4 Hunde Teil unserer Familie. Sie hätten im Hinblick auf den von ihnen gewünschten Körperkontakt nicht unterschiedlicher sein können. Das eine Extrem stellt Fritzi dar: er wurde zwar gerne von ausgewählten Leuten auf seine spezielle Art gekrault, hin und wieder sogar auch mal fast 5 Minuten am Stück. Meist aber verzog er sich recht schnell ins Schlafzimmer, nur um in regelmäßigen Abständen nach dem Rechten zu schauen. Semmi ist das komplette Gegenteil. Er würde am liebsten dauernd nur auf dem Schoß sitzen oder liegen. Für ihn ist es sehr wichtig, viel viel Körperkontakt zu haben, Nähe zu spüren und auf diese Weise Bestätigung und Sicherheit zu erfahren. Nur selten sucht er Abstand und Distanz. Unvergessen auch Charlie, der jeden Abend erst mit dem Oberkörper auf dem Schoß kräftig an meinem Vater vorbeischaute, sich kraulen ließ und dabei das ein oder andere Brezen- oder Käsestück abstaubte. Wenn ihm die Nähe zuviel wurde, legte er sich neben den Sessel und hielt mit meinem Vater Händchen. Ja, wirklich! Und wehe man ließ die Pfote los. Dann wurde man nachdrücklich zum Halten aufgefordert. Nach Charlies erster U-Bahn-Fahrt konnte er sich in der darauffolgenden Vorlesung nur beruhigen als ich ihm unter meinem Stuhl liegend die Pfote hielt. Obwohl er fix und fertig war, brauchte er über 15 Minuten ehe er so tief schlief, dass ich seine Pfote vorsichtig ablegen konnte.
Und Nico? Wäre er 20 cm kleiner gewesen, wäre Nico wohl hauptberuflich Schoßhund geworden. Mit seinen 63 cm Schulterhöhe fand er das aber etwas unsicher und bevorzugte Kontaktliegen auf der Couch. Er schaffte es aber auch, sich stehend in Trance streicheln zu lassen. Dazu parkte er mit dem Po zwischen den Beinen des Streichlers ein, um sich an seiner Lieblingsstelle - der Leiste - kraulen zu lassen. Den Kopf legte er auf einem Stuhl ab und ab ging's ins Hundetraumland. Nur ein gelegentlich wegsackendes Bein hielt ihn dabei vom Tiefschlaf ab.
Was bedeutet das Ganze jetzt? Vertraute Fritzi uns etwa nicht, während Semmi uns über alles liebt? Nein. Fritzi hatte nur eine völlig andere Art, seine Zuneigung zu zeigen. Bei ihm waren zugelassene Berührungen schon der größte Liebesbeweis, während Nico alles und jeden mit seiner Zuneigung überschüttete. Sie sehen, man weiß nie, was man bekommt und die Art des Ausdrucks ist so verschieden wie die Charaktere der Hunde. Ich freue mich einfach über Semmis Bedürfnis nach Nähe und trotzdem vermisse ich manchmal Fritzis eigenständiges Wesen. Vieles war mit ihm einfacher als mit Semmi, aber auch vieles komplizierter. Die unkomplizierte Erziehung von Charlie wird mir wohl nicht noch einmal widerfahren, ebenso wenig wie Nicos sanfte, soziale Art. Und so genießen wir das Gruppenkuscheln mit Semmi und tanken dabei alle Kraft für die kleinen und großen Probleme im Alltag.